Hochzeit

Und dann kam der Tag, wegen dem wir überhaupt auf die Reise gegangen sind. Wir hatten schon viel erlebt und gesehen, aber die Hochzeit war dann doch in vielerlei Hinsicht das Highlight. In den Tagen vor dem Bankett (so nennt sich die eigentliche Hochzeitsfeier) wurde schon langsam klar, dass das ganze nicht nur eine größere Sache sondern auch eine planerische Herausforderung darstellt. Da wurden Alben, meterhohe Bilder und DVDs abgeholt, Ablaufbesprechungen und Generalproben durchgeführt, die Geschenke für die Gäste (sehr leckere traditionelle Kuchen) organisiert, der massgeschneiderte Anzug des Bräutigam abgeholt, die Kleider der Braut abgeholt (es waren VIER!), die Location für die After-Wedding-Party noch ein letztes mal besucht und die Wein & MiXery Lieferung kontrolliert, Friseurtermine wahrgenommen und und und…. Ach ja – und dazwischen wurden wir Langnasen aus Deutschland auch noch aufs vorzüglichste betreut, verpflegt und umsorgt. Ganz ehrlich – da hätte ich längst die Nerven verloren und ich bewundere Lissy für ihre immerwährende Ruhe und Gelassenheit und Olaf dafür, dass er die Nerven behalten hat auch wenn manchmal das Gefühl die Pedale zu verlieren spürbar war. Hut ab und danke dass ihr euch trotz des ganzen Rummels so liebevoll um uns gekümmert habt.
Aber nun zum eigentlichen Ereignis:
Ein Bankett dauert von 18 bis 21 Uhr. Wir haben uns 2 Stunden vorher eingefunden, weil wir beim Fotoshooting dabei sein wollten. Haben dann auch fleissig die umwerfende Braut und den schnatzen Bräutigam im beeindruckende Ambiente des „Wedding Garden“ (Las Vega lässt grüssen) geknipst, bevor dann so langsam die anderen Gäste eintrudelten. Dann haben wir also unseren Hóng bāo (紅包 „Roter Umschlag“ mit dem Geldgeschenk) gegen ein nummeriertes Kärtchen getauscht und uns ins Gästebuch eingetragen (was etwas blöd aussah, weil wir keine so schönen Bildchen malen konnten sondern nur lat. Buchstaben für unsere Namen hatten). Danach haben wir vom Brautvater erst mal kleine rote Schildchen ans Revert geheftet bekommen und sind zum VIP-Tisch marschiert wo wir die Ehre hatten gemeinsam mit dem Brautpaar, den Eltern und einer Tante von Lissy, Arno und Antje aus München, Afu und Jeanette (Freunde aus Taiwan) und dem ehemaligen Bürgermeister von Taichung zu sitzen. Dann haben wir erst mal erfahren, dass wir als Vater und Mutter des Bräutigams ausgeschildert waren – nun gut. Als die Gäste dann so langam vollzählig waren, ging erst mal das Licht aus, und die Moderatorin des Abends trat erstmals auf die Bühne um – vermutlich – salbungsvolle Worte zu sprechen. Der weitere Ablauf war dann – nicht nur wegen der salbungsvollen Moderationen zwischen den einzelnen Punkten – einer Oskarverleihung nicht ganz unähnlich und begann mit Videoprojektionen zum Leben der beiden, Einmarsch des Brautpaars und Ringetausch (immer begleitet von leckeren Speisen die zuhauf zu den 35 Tischen getragen wurden). Dann mussten die beiden „Elternpaare“ noch auf die Bühne und es gab eine Reihe von Ansprachen, von denen ich leider nur die von Antje verstanden habe, die zur Freude aller im Dirndl „angetreten“ war. Als wir dann endlich wieder von der Bühne durften mussten wir schon ein paar Gänge des Menüs aufholen, was für uns weniger schwierig war. Die Braut hatte dazu noch keine halbe Minute dann musste sie schon zum ersten Kleiderwechsel. Der zweite Auftritt des Brautpaars erfolgte dann direkt auf der Bühne wo beide von getrennten Seiten hollywoodreif eine Treppe herabschreiteten um dann anschliessend ihren Hochzeitstanz zu absolvieren. Danach waren auch wir (also die Eltern der Brautleute) wieder gefordert, denn es begann der gemeinsame Marsch an allen 35 Tischen und 350 Gästen vorbei um jedem Tisch für sein Kommen zu danken und mit allen anzustossen. Lissy kannte von den Anwesenden angeblich so ein gutes Drittel – ich etwas weniger 😉
Danach galt es erneut verpasste Gänge aufzuarbeiten während Lissy wieder in die Umkleide verschwand um zum Finale mit Olaf in einem tollen roten Kleid einzumarschieren. Das war dann kurz vor 21 Uhr und wie schon eingangs erwähnt dauert ein Bankett bis 21 Uhr. Anders gesagt sitzen um eine Minute vor 21 Uhr noch alle vergnügt schmatzend am Tisch um dann 2 Minuten später draussen ihr nummeriertes Kärtchen gegen eine wunderschöne Packung mit 2 Kuchen einzutauschen. Wäre ein Feuer ausgebrochen – man hätte den Saal nicht schneller evakuieren können.
Zum Essen sei noch erwähnt, dass es vorzüglich war. Ich kann mich zwar nicht mehr an die Details erinnern, aber war sehr erstaunt, dass man für so viele Leute so tolle Qualität kochen kann.
Für Nachahmer nochmal die wichtigsten Tips:
1) Man gehe hungrig – es sei denn man ist das Brautpaar.
2) Man lege sich vorher einen asiatischen Namen zu um das Gästebuch nicht mit westlichen Namen zu bekritzeln.
3) Man besorge sich einen Hóng bāo und fülle ihn großzügig.

1 comment to Hochzeit

  • Marco

    Danke für für die bildliche Beschreibung. Ich kenne zwar noch viel weniger, konnte es mir aber richtig vorstellen. Ich lerne ich grade immer mehr Taiwanesen und Festlandchinesen kennen – wer weiß, ob ich die Praxistipps nicht noch brauchen kann. DAs mit der pünktlichen Evakuierung zum ENde hatte ich schon gehört – muss man aber glaube ich miterleben.
    Auf die Fotos freue ich mich so oder so…

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